FRANKLIN RODRIGUEZ -
5. Int. Pantomimefestival in Schwerin Vorwort aus dem Programmheft

"LACHEN UND STILLE ALS BEFREIENDE KRAFT.

HOMMAGE AN CHARLIE CHAPLIN"

Es sind schon fast 10 Jahre her, dass in Schwerin die ersten öffentlichen Workshops im Bereich Schauspielkunst begannen und damit die Grundsteine für die Entwicklung des Freien Theaters in Schwerin gelegt wurden. Schwerpunkt war und blieb die Entwicklung des Körpertheaters, speziell Pantomime und Tanztheater. Seit der Übernahme des TIKs im Jahre 1995 finden regelmäßig das Internationale Pantomimenfestival im Frühling und das Tanztheaterfestival im Herbst statt. Erfreulicherweise lässt sich feststellen, dass trotz aller materiellen und ideellen Schwierigkeiten, wie sie in einer traditionell eher auf die klassische Kunst orientierten Stadt durchaus zu erwarten sind, das Interesse an diesen Kunstgattungen zugenommen hat. Inzwischen haben wir hier in Schwerin ein Publikum, vor dem Mimen gern spielen, weil es nicht nur einen differenzierteren Geschmack entwickelt, sondern auch sehen gelernt hat. Jedes Festival im Bereich der Pantomime ist einer hervorragenden Persönlichkeit dieser Gattung gewidmet und versucht, das Nachdenken über die Bedeutung dieses Künstlers für das Kulturerbe anzuregen.

Das 5. Internationale Pantomimefestival in Schwerin will zur Reflexion über das unvergleichbare Werk von Charlie Chaplin anregen und aufmerksam machen auf seine Auswirkungen auf die gegenwärtige Kunst der Pantomime. Chaplin ist ohne Zweifel der größte Mime aller Zeiten, nicht nur aufgrund seines Bekanntheitsgrades, den er mit dem Stummfilm erreicht hat, sondern auch durch die Perfektion seiner Körpersprache und die Authentizität seiner Charaktere.

Chaplins Laufbahn begann Anfang des 20. Jahrhunderts, als die gerade erst geborene Filmkunst ihre ersten Schritte lernte und versuchte, einen eigenen Weg zu gehen, indem sie sich von ihren Theaterwurzeln befreite. Angesichts dieser technischen Entwicklung, die die massenweise Verbreitung von Bildern ermöglichte, fürchtete das damalige Theater um seine Existenz. Chaplins Erfolg erwuchs gerade aus den begrenzten Möglichkeiten des Stummfilms, derentwegen er sich gezwungen sah, "die Ausdrucksmittel der Pantomime zu verfeinern" um -wie er selbst behauptet- "psychologische Dinge durch ein subtiles Spiel sichtbar zu machen". Chaplin schafft die Figur des Tramp auf der ewigen Suche nach einem Weg, mitten in einer harten, von Geld und Unrecht regierten Welt zu überleben. Inspiriert von traditionellen Figuren der Pantomime wie Arlecchino und Pierrot, aber auch vom modernen Zirkusclown und Musikhalltechniken entstand die Figur des kleinen Vagabunden, der mit seiner naiven Geschicklichkeit die Mächtigen lächerlich macht und die tiefe Menschlichkeit von Menschen am Abgrund zeigt. Auf diese Weise brachte Chaplin Millionen von Menschen auf unserem Planeten zum Lachen, befreite sie von ihren Ängsten und gab ihnen ihre verlorenen Hoffnungen zurück.

Chaplin hielt fest an der Kunst der Pantomime im schwarz-weißen Stummfilm, als die rasche technische Entwicklung schon den Tonfilm hervorgebracht hatte. Jahrzehntelang war Chaplin der einzige Mime, der noch Stummfilme drehte. Er war immer gegen die Einführung des Wortes in seine Filme gewesen, bis er mit "Der Große Diktator" seinen Widerstand aufgab. Er zeigte in seinem Meisterwerk gegen den Naziterror, dass "die Mimen auch sprechen können" wie auch der Spanier Isidoro Fernández behauptet, der sein Stück in der Schelfkirche aufführen wird.

Vom Stummfilm aus wirkte Chaplin als Leitfigur für die Pantomime des 20. Jh. - nicht nur auf der Strukturebene -wie die Kurzepisodenform oder Nummernprogramme beweisen, sondern auch bei der Gestaltung von Figuren wie "BIP" - der poetischen Figur von Marcel Marceau-, oder volkstümlichen Helden wie "Cantinflas" in Mexico oder "Don Evaristo" in Ecuador...

Das Motto des Festivals betont "das Lachen und die Stille als befreiende Kraft" als zentrale Aspekte der Pantomimekunst von Charlie Chaplin- Aspekte, die in unserer modernen Gesellschaft genau wie früher unverzichtbar sind. Mit Satire und Ironie und durch seine meisterhafte Beherrschung der Kunst der Stille gelang es ihm unter den unvollkommen Bedingungen des Stummfilms, aus der Not eine Tugend zu machen, um den Menschen die Heilkraft des Lachens zu bringen und sie von ihren Ängsten zu befreien.

Das für das 5. Internationale Pantomimefestival zusammengestellte Programm widerspiegelt die Vielfalt der Pantomime in unserer Zeit. Die teilnehmenden Künstler unterscheiden sich in ihrer Suche nach Ausdrucksmitteln und in ihrer nationalen Herkunft, es verbindet sie die Professionalität und Meisterschaft in der wortlosen Kunst. So werden wir die unglaubliche Körperbeherrschung der russischen Clowns ebenso erleben wie die verschiedenen Richtungen ehemaliger Schüler von Marcel Marceau wie Lina do Carmo, Peter Mim oder Dantes, bei denen die Kunst der Pantomime a la Marceau vermischt ist mit dem Tanz, mit der Poesie oder sogar dem Break-Dance. Besondere Aufmerksamkeit verdient im Rahmen unseres Festivals die Anwesenheit von Peter Mim, der mit seinem Programm "Chaplin zu Gast" die Figur des Tramps in den Straßen unserer Stadt belebt und in seinem Abendprogramm mit dem Titel "Chaplin lebt weiter." die Unsterblichkeit der wahren Kunst zum Ausdruck bringt.

Abschließend möchte ich mich im Voraus bedanken bei unserem Publikum, das sich trotz des reichhaltigen Kulturangebots in unserer Stadt die Zeit genommen hat, um mit uns die Kunst der Stille zu erleben. Den Sponsoren und Förderern unseres Festivals sei Dank: speziell dem Hotel Restaurant Elefant, dem Kino Capitol, der Schelfkirche, der Sparda Bank, der Landeshauptstadt Schwerin, dem Kultusministerium, der Schweriner Medien etc. Unser Dank gilt auch den Mitarbeitern des Freien Theater Studios und allen denjenigen, die auf die eine oder andere Weise zum guten Gelingen unseres Festivals beigetragen haben.

Dr. Franklin Rodriguez Abad
Künstlerischer Leiter des Festivals

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