Alternatives
Theater im Freien Studio Schwerin
Schwerin-Stücke im gemütlichen Amüsierstil führen sie nicht auf. Der "Panik-Abend" im Freien Theater Studio Schwerin beispielsweise Macht mit Fernando Arrabal bekannt. Er war in den 60er Jahren in Frankreich ein Kopf der Panikbewegung. Sie hat geistig zu tun mit dem archaischen , übermütigen Hirtengott Pan. Sie will mit phantasievollen ästhetischen Mitteln die Dunkelzonen im Menschen erleuchten , etwa die Extase im Wechselspiel zwischen Liebe und Schrecken. Theater also der alternativen Art in einem Verein ,der vorläufig im Weinhaus Uhle seinen Spielort hat. Geleitet wird das Studio von Dr. Franklin Rodriguez Abad aus Ekuador. Der Regisseur, der Schaulspielkunst in Quito studierte , ist kein Neuling im deutschen Theater. Bereits 1981 war er am internationalen Theaterseminar in Rostock beteiligt , als sich das Volkstheater für lateinamerikanische Dramatik engagierte. Vielfach vertrat er sein Land auf internationalen Theatertreffen. 1984 wurde er von der Berliner Humboldt-Universität eingeladen und wurde dort 1990 promoviert. Er wirkte an der Rostocker Theaterhochschule, die Liebe hat ihn an Schwerin gebunden. Seit 1992 leitete er hier Schauspielseminare für interessierte Laien, bei der Arbeiterwohlfahrt und an der Volkshochschule.
Im Freien Studio, seit Januar, will Rodriguez Abad sein Ziel einer "alternativen
Theaterbewegung" weiter verfolgen. "Unser Problem ist",
sagt er vor dem rohen Spielpodium im Weinhaus, "dass wir zwar,
großzügig unterstützt, für fast kein Geld hier
wirken können, aber sonst keine Finanzquelle haben. Förderanträge
sind gestellt, Gespräche mit den Ämtern sind geführt.
Die Mittel für Ausstattung oder Autorenrechte aber kommen bisher
aus der Abendkasse und Gebühren. Das heißt, wer hier spielt,
spielt aus Idealismus."
Das Programm des künstlerischen Leiters umfasst Material aus dem
romanischen Sprachraum, auf dem Spielplan sind zur Zeit vier Stücke
aus Chile, Frankreich und Ekuador. Und sie werden auch gespielt, wo
Theater sonst kaum hinkommt: in kleinen Gemeinden, Jugendclubs, Schulen.
"Wir beziehen uns mit Arrabal", erläutert Rodriguez Abad
seine Absichten, "auf ein Theater der Aktion, das zusammenhängt
mit den ursprünglichen Riten und Zeremonien dramatischen Ausdrucks.
Der Körper und seine Zustände, auch Schocks spielen da eine
Rolle." Wer spielt dieses Theater? "Seit Beginn der Fünfmonatskurse,
die dann mit einer Aufführung enden, waren es etwa 200 Leute",
sagt der Regiseur, "die sich drei Monate gebildet und dann zwei
Monate praktisch an der Inszenierung gearbeitet haben. Beamte, Krankenschwestern
Psychoterapeutinnen, Schüler, die einen künstlerischen Beruf
ergreifen, sich hier ausprobieren wollen. Für viele ist es eine
Chance, in ihrer Freizeit im Kontakt mit anderen kreativ zu sein. Das
trägt zur Entspannung vom Job, zum Wohlbefinden bei. Auch für
den Regisseur sind die Erfahrungen unterschiedlicher Leute Bereicherung."
Oft werden im Studio die Zuschauer aktiviert, spielerisch, im Gespräch.
Auch dabei sollen sich Kunstabsichte und Realität verbinden. Vom
Publikum gibt es viel Zuspruch. Zuwendung von Institutionen und Sponsoren
allerdings wäre ebenso nützlich.
Manfred Zelt