05.05.2001 Schwerin - online

Kultur ja, aber ohne TIK

Haus der Kultur soll bis 30. Juni fertiggestellt werden – TIK zieht nicht wieder ein

Viel ist es nicht, was angesichts der gegenwärtigen Bauarbeiten in der Mecklenburgstraße 2 an ein „Haus der Kultur“ denken ließe: außen Gerüste und Planen, innen allenfalls Fragmente früherer Räumlichkeiten. Und im früheren Zimmer des früheren Kulturdezernenten gar haben sich die Bauarbeiter ein lauschiges Frühstücksplätzchen eingerichtet – mit Wandpostern, Büroleuchte und einem winzigen Plastikweihnachtsbaum. Viel Zeit, sich daran zu erfreuen, bleibt ihnen allerdings nicht: Bis 30. Juni muss hier nicht nur der Hammer gefallen, sondern vom Fahrstuhl über die Lüftungsanlage bis zum Treppengeländer alles fertiggestellt sein.

Acht Millionen Mark investiert die WGS insgesamt in die Sanierung des Gebäudes. Ob es die Schweriner danach noch als „ihr“ Haus der Kultur wiedererkennen werden? Petra Tolksdorf, Projektbetreuerin der WGS: „Wir sind gemeinsam mit der Denkmalpflege sehr darum bemüht, alles Erhaltenswerte zu erhalten – die Holzdecken in den Fluren beispielsweise oder auch die originale Treppe.“

Aber was ist schon original? „Das Haus wurde seit seiner Errichtung im Jahre 1846 nie so richtig in Ruhe gelassen“, stellt Michael Herbst, Bauleiter Planungsbüro BBP, fest. „Erst war es ein Hotel, dann eine Bank, dann wieder ein Hotel, und immer wurde umgebaut, angebaut.“ Man finde hier alle denkbaren Baumaterialien, von daher sei das ganze Gebäude irgendwie schon eine Art Baumuseum. Und ein Wunder der Statik: Vom Pfaffenteich Richtung Mecklenburgstraße gebe es „Setzungen“ von 15 Zentimetern. „Aber das ist ja das Schöne an einem Fachwerkhaus, dass es sowas mitmacht“, sagt Herbst. Dennoch hatten ihm gerade die statischen Probleme einiges Kopfzerbrechen bereitet: Vieles habe man schon von daher nicht in dem bislang gekannten Zustand belassen können. „Trotzdem werden denkmalpflegerische Details nach der Sanierung erscheinen“, meint Frau Tolksdorf, „Jedoch wird das Hausinnere einen neuen Charakter erhalten. Helle Cremetöne werden künftig dafür sorgen, dass Besucher wie Mieter sich hier wohlfühlen.“

Wer die Mieter sind, ist bis auf den Gaststättenbereich (Tolksdorf: „Die WGS ist zur Zeit mit fünf Bewerbern im Gespräch“) klar. Die Leute vom Freien Theaterstudio sind es auf jeden Fall nicht. WGS-Chef Günter Lemke: „Mir wäre es mehr als recht gewesen, wenn das TIK hier wieder seinen Platz gefunden hätte. Aber ich kann doch als Wohnungsgesellschafter nicht die städtische Kultur subventionieren, das ist die Aufgabe anderer Leute.“ Und das TIK habe einfach den geforderten Mietpreis nicht zahlen wollen oder können.

Anders die Kunst- und Musikschule „Ataraxia“: Sie will und kann und wird deshalb hier ab Juli ihr neues Domizil haben. Außerdem halten die Friedrich-Ebert-Stiftung (im neu gestalteten Dachgeschoss), die Carl-Duisberg-Gesellschaft, die Urania und wahrscheinlich ein Immobilien-Center der WGS hier Einzug.

Fast das Beste zum Schluss: Der riesige Innenhof wird nicht wie allgemein üblich neu bebaut oder für Stellplätze zugepflastert, sondern als lauschiger Biergarten mit Bäumen und vielleicht sogar einem kleinen Springbrunnen hergerichtet. Das ist doch mal was!

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