SVZ vom 12. April 1997 - "Wilde Kinderspiele der Erwachsenen"

Finke Faltz beim Schweriner Pantomimefestival

Schwerin • Der Mund ist aufgerissen. Der Schrei bleibt stumm. In den Zeiten der Wortfluten wird die lautlose Sprache verständlicher. Die Botschaft des Körpers gibt dem Betrachter, der das Zuschauen nicht verlernt hat, seine Berührbarkeit zurück. Zu erleben beim Pantomimefestival im Freien Theater Studio im TiK Schwerin.

Die Pantomime gehört zu den ältesten Spielen der Welt. Sie verwandelt deren Lärm in leise Momente des Vergnügens. Und sie hat sich selbst gewandelt. Zur puren klassischen Form, die Meister Marcel Marceau populär gemacht hat mit seinen heiteren Geschichten von traurigen Leuten. Oder zum Schmelztiegel von Witz und Aberwitz aus vielen Arten komödiantischen Ausdrucks.
Die Wahlverwandtschaft zu Clownerie und Groteske der modernen Comedy zeigte das Berliner Duo Finke Faltz mit "Crazy Jackets" im TiK. Verrückte Verkleidungen, wie man frei sagen könnte, die in ihrer Direktheit noch etwas ahnen lassen vom Reich der Gaukler auf Jahrmärkten, von vagabundierender Spaßmacherbohème. Da werden aus zwei Gestalten vier, nur durch Mantel, Hand und Kugelnase. Da ist plötzlich eine Hand ausgerissen, fehlt der Kopf sogar, wird der Fußtritt als Schmerz benutzt.
Hier kämpfen zwei Clowns nicht nur mit den Tücken der Objekte, sondern auch auf Kosten des anderen um Bestätigung beim Publikum, das sie attackieren. Es sind die Kinderspiele der Erwachsenen: wild, der Fliege Beine auszureißen. Und wie Kinder kaum stumm sein können, sind es auch Finke Faltz nicht. Mit Körper, Requisit und Wort, das öfter entbehrlich wäre, spitzen sie den Menschen zur zum eitel-skurrilen Tunichtgut. Mit einer Unbedenklichkeit, die nach dem Gelächter nachdenklich macht.

Manfred Zelt

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