19./20.06.1999 Ostseezeitung

Weltstar eröffnete Pantomimen-Festival in Schwerin

Schwerin (OZ) Es sind die Hände. Sie regen sich zuerst. Erst die eine Hand. In dem Scheinwerferkegel beginnt sie zu leben. Die Finger machen Wellenbewegungen und die Hand geht in die Luft. Und ist auf einmal ein Vogel. Dann die andere Hand. Wird auch zum Vogel. Und dann ist das Gesicht zu sehen, das zu den Händen gehört. Weiß ist es geschminkt, mit einem roten Mund und schwarzen Augenbrauen. Entzücken zeigt es und schaut den Vögeln nach, die zu Träumen werden. Der Mensch redet mit seinem Gesicht und seinem Körper. Ohne ein einziges Wort zu sagen.

Peter Mim ist einer der Pantomimenkünstler von Weltrang. Acht Jahre lang stand der Bulgare mit Marcel Marceau auf Theaterbühnen in der ganzen Welt. Am Donnerstag gab der 53jährige gemeinsam mit der Pantomimin Radina Todorova in Schwerin die Premierenvorstellung zum dritten Internationalen Pantomimefestival des Freien Theater Studios im TIK im Haus der Kulturen.

Unter dem Motto „Körper und Raum. Die Magie der Kleinen Bühnen“ steht das Pantomimefestival, das bis zum 3. Juli insgesamt elf Vorstellungen mit internationalen Künstlern zeigt. Neben Peter Mim, der am 20. Juni übrigens noch einmal mit „Nonstop Comedy“ auftritt, umfaßt das Programm u.a. klassische Pantomime, Pantomime und Tanz sowie absurdes Theater.

Teilweise sind auch Gruppenaufführungen vorgesehen, zum Beispiel von der Berliner Gruppe „Mime Crime“ am 26. Juni. Als einer der wenigen Pantomimekünstler aus der früheren DDR zeigt der Dresdner Ralf Herzog grotesk-pantomimische Beobachtungen des Alltags bei der Abschlußveranstaltung am 3. Juli.

Das Festival sei dem im Januar verstorbenen polnischen Theaterregisseur Jerzy Grotowski gewidmet, sagte der Künstlerische Leiter des Festivals, Franklin Rodriguez Abad, bei der Eröffnung. Grotowski habe in den 60er Jahren einen Paradigmawechsel in der Theaterwelt vollzogen, indem er bei seinen Aufführungen vor einem kleinen Publikum mit maximal 40 Leuten den körperlichen Ausdruck des Schauspielers in den Mittelpunkt stellte. Auf Kostüme und technische Effekte verzichtete er dabei völlig. Auch für die Pantomime als Teil des Theaters sei Grotowski ausschlaggebend gewesen.

Der Regisseur sei in den neuen Bundesländern allerdings weitgehend unbekannt, sagte Rodriguez. Mit dieser Hommage wolle das TIK ein Zeichen setzen für die Entwicklung des Freien Theaters. Und damit auch für das Freie Theater Studio im TIK selbst.

Denn wahrscheinlich wird das diesjährige gleichzeitig das letzte Pantomimefestival im TIK sein: In den Sanierungsplänen für das Haus der Kulturen ist ein Umbau des TIK-Raumes für künftige Theaterveranstaltungen nicht vorgesehen.

Von M. STEINAECKER

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