Dietmar Schöer

4. Internationales Pantomimenfestival 2000, Aufführung von
Carlos Martinez am 01 Juni

Carlos Martinez aus Barcelona/Spanien war zweifellos eines der Highlights des diesjährigen Pantomimefestivals. Mit seinem Programm "Bücher ohne Worte" begeisterte er von Anfang an die etwa 150 Zuschauer, die am 1. Juni ins Hotel Elefant gekommen waren. Mit vergleichsweise wenigen Gesten, aber viel Mimik und seinen wachen Augen malte Martinez seinen Zuschauern Geschichten aus dem Leben vor die Augen, und nahm sie mit auf eine Entdeckungsreise in eine faszinierende Welt. In "Das erste Mal in der Bibliothek" wurde der Zuschauer hineingenommen in das Staunen eines Kindes über die Welt, die die Literatur eröffnet. Ob Wilhelm Tell oder Graf Dracula- Erstaunendes und Erschreckendes wurde lebendig. "Das Aquarium" führte vom Rand eines Unterwasserbeckens mitten hinein in eine vielseitige Unterwasserwelt. Am Schluß warf ein kleiner Fisch, den der Mime aus seinem Ohr zauberte, die Frage auf: war es Wirklichkeit oder nur ein Traum gewesen ? "Das Buch der Bücher", die Bibel, erzählt Geschichten, die Menschen mit Gott erleben. Adan & Eva, Abraham, die Weisen aus dem Morgenland - um dieses Stück zu verstehen, mußte man schon einiges Hintergrundwissen haben, das aber die meisten der überwiegend aus dem kirchlichen und freikirchlichen Raum zusammenkommenen Besucher zweifellos besaßen. Den Abschluß des Programms bildete eine pantomimische Interpretation des 23. Psalms. Besonders hier, wie schon im ganzen Programm, wurde deutlich, daß für Martinez der Mensch in Bezug auf seine Umwelt nicht bloßer Spielball irgendwelcher Mächte ist, sondern ein Individuum, daß sich im Erstaunen und Erleben auseinandersetzt mit dem, was ihn umgibt. Der gläubige Mensch kann dies aus einer Geborgenheit heraus tun, die ihn befähigt, mit Staunen und Freude sein Leben zu gestalten. Am Ende des mit Zugaben fast zweistündige Programm nahm der Mime seine Maske ab und erzählte, wie sein Beruf seinen Kindheitsraum erfüllt: Mit Pantomime ist es möglich, alle Sprachen der Welt zu sprechen - ohne Worte !

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