Geschichte des TIK - Theater im Kulturbund
Im Jahre 1967 oder 1968 kam man auf den Gedanken, als Ergänzung zu den großen Bühnen im Mecklenburgischen Staatstheater eine kleine intime Spielstätte zu schaffen, wofür ein Raum unterm Dach des Kulturbundes ausgewählt wurde (daher der Name TiK- Theater im Kulturbund).

Die ersten beiden im TiK entstandenen Produktionen waren Werke von Bertolt Brecht und Wolfgang Borchert. Darauf folgten weitere Autorenabende - so von Anton Tschechow, Wilhelm Busch. F. Villon, Tucholsky und auch niederdeutsche Autoren wie Fritz Reuter und Rudolf Tarnow. Einen anderen Schwerpunkt im TiK-Programm bildeten Einakter- so z. B. von O'Casey, Courteline oder Haltow. Daneben gab es eine ganze Reihe von anderen Stücke- sehr beliebt beim Publikum waren zum Beispiel Maxi Wanders "Guten Morgen, du Schöne (78 und 79) und auch im Grunde volkstümliche Abende über die Liebe ("Plaisier d'amour"- ab 1970) und das Saufen ("Durch alle Himmel, alle Gossen" - 1979)

Nach Informationen von Helmut Schulz kamen „in den über 20 Jahren TIK, mehr als 60 Premieren heraus, in der Hauptsache vom Schauspielensemble bestritten, aber durchhaus nicht ausschließlich. Das Musiktheater steuerte zu letztgenannter Linie den Abend "Bei einer Wirtin wundermild" (1983) bei, zu den "richtigen" Stücken zählen Georg Kreislers Ein-Frau-Musical "Heute abend: Lola Blau" (1982) und 1986 das Chansonprogramm "Wir armen Weiber“ ...“

1983 und 1984 gab es im TiK zwei Pantomimen-Abende... und auch die Fritz Reuter Bühne war des öfteren mit heiteren Stücken präsent, insbesondere 1986 zu ihrem 60-jährigen Bestehen

Das TiK verwandelte sich in eine der beliebtesten Schweriner Spielstätten , wohl, weil es möglich war, die Schauspieler hautnah zu erleben, aber auch experimentelle und kritische neue Autoren kennenzulernen. Das TiK mit seiner besondere Atmosphäre leistete auch seinen künstlerischen Beitrag für die „goldene Ära“ des Mecklenburgische Staatstheater unter der Regie des damaligen Intendanten Christoph Schroth.

Helmut Schulz sagt weiter: „ Dann kam eine ganze Weile erst einmal gar nichts. Das Haus des Kulturbundes -baulich marode- musste vom Keller bis unters Dach rekonstruiert werden. Das bedeutete Schließung- auch für das TiK. Erst im Dezember 1989 öffnete das kleine Theater wieder seine Pforten... Und ganz natürlich spiegelten sich die Ereignisse des Herbstes sehr direkt in den ersten Aktivitäten im neueröffneten TiK. Bücher, die bislang verfemt waren, standen im Mittelpunkt- so Alexander Solschenizyns "Ein Tag des Iwan Denissowitsch" oder Horst Rehbergs "Die Revolution entlässt ihre Kinder". 1990/91 war u. a. Patrick Süskinds "Kontrabaß" zu sehen.“

Aus „ökonomischen Gründen“ ?nach Aussagen des aktuellen Intendanten- wurde die Spielstätte um 1994 vom Mecklenburgischen Staatstheater aufgegeben. Es folgte ein kurzes Intermezzo als Probebühne für den Theater-Jugendklub, dann stand die traditionelle Spielstätte wieder leer. Im Jahre 1995 bot die Stadt dem Freien Theater Studio die Übernahme der verlassenen Bühne an. Das Freie Theater stimmie zu und musste zunächst den leeren Raum völlig neu einrichten.

Dann begann eine ganz neue Zeit für die kleine Bühne, die sich bald in ein Zentrum für die Internationale Kultur verwandelte.

Schon 1996 gab es im TiK mehr als 100 Veranstaltungen - darunter Eigenproduktionen der Freien Bühne unter Leitung von Dr. Franklin Rodríguez, vor allem aber Gastspiele Freier Künstler und Gruppen, wobei neben bekannten Mecklenburgischen Künstlern (wie Kurt Nolze) auch hervorragende Künstler aus anderen Teilen Deutschlands sowie aus dem Ausland eingeladen wurden.

Bislang in Mecklenburg noch unbekannte Autoren waren nun des öfteren im TiK zu sehen: so Oswaldo Dragun (Argentinien) Sergio Arrau, Isidora Aguirre (Chile), José Martínez Queirolo (Ecuador), Fernando Arrabal (Spanien). Bei der Auswahl der Stücke wurden vor allem solche aus dem Romanischen Sprachraum und / oder mit deutlicher Betonung des Körpertheaters berücksichtigt.

Daraus entwickelte sich noch im selben Jahr die Tradition eines jährlichen Internationalen Pantomimefestivals und eines ebenfalls Internationalen Tanztheaterfestivals, zu der professionelle Künstler aus aller Herren Länder, insbesondere aber aus Lateinamerika anreisten (z. B. Maria Luisa Gonzalez, Benito Gutmacher, Jose Vacas, Susana Reyes...)

Auch im Sommer öffnete das Freie Theater Studio seine Pforten für die Bewohner und Besucher der Landeshauptstadt- ein Beispiel, dem später andere kulturelle Einrichtungen, nicht zuletzt das Mecklenburgische Staatstheater folgten. Doch das Freie Theater Studio hatte sich auch die Aktivierung des Zuschauers zum Schauspieler zum Ziel gesetzt. Schon die ersten Schauspielkunstseminare stießen auf viel Interesse. Bald gab es auch regelmäßige Kurse in Pantomime und Tanztheater. Angebote wie Orientalischer Tanz, Tango, Flamenco, Salsa/Merengue u. v. a. m. versuchten die in anderen Teilen Deutschlands bereits in Gang gekommene Öffnung gegenüber fremden Kulturen auch in Mecklenburg anzukurbeln.

Leider bewahrheiteten sich bald Gerüchte um einen Verkauf und eine bevorstehende Sanierung des TiK. Aus begründeter Sorge um das traditionsreiche Haus am Pfaffenteich und seine beliebte Bühne startete das Freie Theater Studio im TiK große Aktionen zur Rettung dieser kulturellen Einrichtung, mobilisierte dabei Tausende Schweriner und sammelte u. a. in kürzester Zeit über 3000 Unterschriften für den Erhalt des Hauses und seine Umgestaltung in ein weltoffenes Haus der Kulturen .

Leider sind all diese Forderungen trotz der zahlreichen öffentlichen Versprechungen bisher nicht erfüllt und die Zukunft des Freien Theater Studio, das eine vorübergehende Bleibe ein paar Meter weiter in der Mecklenburgstr. 28 gefunden hat, ist somit noch immer ungewiss. Immerhin ist es dem TiK gelungen, in diese "neue" Spielstätte wenigstens Teile der ehemaligen Ausstattung hinüberzuretten, so dass die intime Atmosphäre des Theaters im Kulturbund in veränderter Form bis heute weiterlebt.

Das TIK, heute ein paar Meter weiter verbannt, ist ein Synonym für Widerstand gegen politische und ökonomische Willkür, Engstirnigkeit und Kurzsichtigkeit auf kultureller Ebene in Schwerin.

So steht das TiK noch immer hinter seinem Motto „für ein weltoffenes Haus der Kulturen in Schwerin - offen für Europa und die Welt.“

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